"Mich hat die grosse Zahl von Bibliotheken beeindruckt, die mit viel Herzblut geführt werden."

15.05.2022 | Von Markus Jost | Aus den Bibliotheken | Kornhausbibliothek Bern

Nach drei Jahren als Direktor der Kornhausbibliotheken Bern wechselt Felix Hüppi zur Pestalozzi-Bibliothek Zürich. Im Gespräch erzählt er über seine Jahre in Bern.

Von Markus Jost
Felix Hüppi hat einen Master in Business Administration mit Vertiefung in Information Science der FH Graubünden. An derselben Hochschule ist er Dozent für öffentliches Bibliothekswesen. Vor seiner Zeit in Bern arbeitete er in verschiedenen Funktionen für die PBZ Pestalozzi-Bibliothek Zürich, deren Direktor er nun geworden ist. Zudem war er Mitglied und Präsident der Bibliothekskommission des Kantons Zürich. Hüppi ist Vizepräsident von Bibliosuisse.
Seit 2019 warst du Direktor der Kornhausbibliotheken. Nun gehst du schon wieder. Warum?
 
Ich versuche stets Chancen zu sehen und diese zu packen. In Zürich liess sich die Direktorin der PBZ Pestalozzi-Bibliothek Zürich frühpensionieren und es ergab sich eine Chance, diese Stelle zu bekommen. Diese Chance habe ich gepackt. Der Stellenwechsel ist eine Chance, weil die PBZ deutlich besser finanziert wird und sich dadurch ein viel grösserer Gestaltungsraum auftut. Diesen Spielraum möchte ich nutzen, um die Bibliotheksarbeit zu erneuern und zukunftsfähiger zu gestalten.
 
Deine Zeit in Bern war sehr geprägt von der Corona-Pandemie. Wie hast du als Direktor einer grossen öffentlichen Bibliothek diese Zeit erlebt? Was ist dir gelungen? Was würdest du rückblickend anders machen?
 
Corona war eine grosse Herausforderung für die Mitarbeitenden und die Planung. Vieles musste sehr kurzfristig geändert oder angepasst werden. Die Mitarbeitenden hatten sehr viel Zusatzarbeit mit Reinigen, Kontrollen und Diskussionen. Das war immer wieder hart, aber wir alle hatten auch das Bewusstsein, dass dies eine Ausnahmesituation ist.
Gelungen ist mir die Einhaltung unserer Vorgaben unter diesen schwierigen Umständen und trotz allem die Umsetzung von vielen Neuerungen. Wir haben ein neues Bibliotheksmanagementsystem eingeführt, die Website, sowie die Organisationsstruktur erneuert und verschiedene Projekte umgesetzt. Das hat aber ziemlich Energie gekostet und rückblickend hätte ich etwas Tempo rausnehmen können aus dieser Entwicklung. Es hat sich gezeigt, dass zusammen mit Corona die Belastung der Mitarbeitenden manchmal am Limit war.
 
Was hat dich nebst Corona in deiner Zeit bei den Kornhausbibliotheken am meisten herausgefordert?
 
Die Finanzen waren eine Knacknuss. Gerade während der Pandemie sanken die selbsterwirtschafteten Mittel nochmals deutlich und trotzdem musste der Betrieb aufrechterhalten und weiterentwickelt werden. Da war es nicht immer einfach, über Prioritäten zu entscheiden. Ebenfalls herausfordernd war mein Ankommen in einer unbekannten Stadt. Netzwerke knüpfen war unter Pandemiebedingungen besonders komplex.
 
Du kommst aus dem Kanton Zürich und kennst die zürcherische Bibliothekslandschaft sehr gut. In den vergangenen Jahren hast du nun auch die bernische – zumindest die stadtbernische – Bibliothekslandschaft kennengelernt. Was hat dich in Bern beeindruckt, was wirst du weniger vermissen?
 
Ich habe mehr als nur die stadtbernische Bibliothekslandschaft gesehen, da ich mich auch neugierig im Kanton umgeschaut habe. Da hat mich die grosse Zahl von Bibliotheken beeindruckt, die mit viel Herzblut geführt werden. Immer noch sehr spannend finde ich die Zweisprachigkeit des Kantons, was auch eine Chance für die Bibliotheken bedeutet. Und natürlich werde ich all die Bibliothekarinnen und Bibliothekare vermissen, die mich so offen willkommen geheissen haben.
Aber negative Dinge, die ich gerne hinter mir lasse, fallen mir nicht ein. Weder sind Klischees über die «Berner Langsamkeit» oder über die Beamtenstadt eingetroffen, noch hatte ich sonst negative Erlebnisse. Ich werde also mit einigem Bedauern gehen, was zu Veränderungen aber immer dazugehört.
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